I survived 576 lift-odysseys...

576aufzug

Ich habe 576 Aufzugfahrten überlebt...


In einem Land, in dem der Airbag verpönt ist, weil seine lebensrettende Aufgabe als gotteslästerlich angesehen wird, möchte der Besucher den Verkehrsmitteln nicht so trauen wie anderswo. Auch wenn sie festgelegte Strecken befahren, doppelt und dreifach gegen Fehlfunktionen und technisches Versagen gesichert und die Distanzen eher kurz sind – hier ist das Liftfahren noch ein Abenteuer.
Einen Aufzug zu betreten heißt, alle Bedenken herunterzuschlucken, nicht an die Taxen zu denken mit den Sicherheitsgurten ohne Schnappschloß und den Türen ohne Griff, sondern nur an das Ziel.
Bevor der Fahrstuhl knirschend eintrifft, um dann noch einen Moment auszupendeln, läßt sich schon ein banger Blick in den dusteren Schacht werfen, aus dem ein modrig kühler Hauch an das Jenseits gemahnt. Die Kabinentür springt auf und schließt sich wieder, wenn es denn eine gibt, die unverputzten Wände rutschen vorbei, das Licht flackert und die Seile quietschen. Vielleicht wollte der Mechaniker bei seiner letzen Inspektion seinen Schöpfer nicht versuchen und hat stattdessen ein Nickerchen gemacht - wer weiß? Bald ist das rettende Stockwerk erreicht und der feste Boden gibt noch mehr Halt als zuvor.

Die Gleichgültigkeit, mit der die dicht befahrenen vielspurigen Straße überquert werden, die neuen Gasflaschen mit einem Streichholz auf Lecks geprüft werden, Steckdosen mit blankem Draht angezapft werden, verwirrt den Fremden und die unmittelbare Nähe zur Gefahr erinnert ihn an die Zweifel, die er dem Allmächtigen entgegen bringt.


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